Ich bin Direktor - Betriebsrat des darstellenden künstlerischen Personals der Wiener Staatsoper

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Zum folgenden Presseausschnitt drängt es uns aus aktuellen Gründen zu einem Kommentar:
Immer wieder wird in die Diskussion eingeworfen oder mehr oder weniger die Forderung erhoben, die Staatsoper möge doch mehr zeitgenössisches Repertoire spielen, solle sich doch zu Experimenten hinreißen lassen, solle doch Risiken eingehen, etc.
Für alle, die es vielleicht nicht besser wußten bisher:
Das gängige Repertoire der Opernhäuser ist mit dem Begriff GÄNGIG schlecht tituliert. Es handelt sich dabei um die Essenz aller bisher geschriebenen Opern, die sich als Meisterwerke erwiesen haben. Die ganz Schlauen werden jetzt sagen, ja aber die mußten doch auch einmal uraufgeführt werden, um als bedeutend überhaupt anerkannt werden zu können. Richtig: Deshalb ist es Auftrag der Bundestheaterholding ZEITGENÖSSISCHES UND INNOVATIVE ENTWICKLUNGEN zu fördern. Das tut die Staatsoper als ein Teil der Holding in einem ausgewogenem Maß. Wir erinnern an zahlreiche Premieren mit zeitgenössischen Opern. Wir erinnern auch an die ungemein wichtigen Aufführungen speziell für Kinder. Wir vermissen nur schmerzlich die Erfüllung der weiteren Aufgaben in diesem Gesetz:
Für die Befriedigung der bezugsrechtlichen Ansprüche der Bediensteten …. hat der Bund wie ein Ausfallsbürge …… zu haften. Die Höhe der Haftung ist mit jenem Betrag begrenzt, der sich zum Tag der Gesamtrechtsnachfolge …. aus der für die genannten Bediensteten maßgeblich gewesenen besoldungsrechtlichen Stellung unter Berücksichtigung ihrer Verwendung zu diesem Zeitpunkt ergibt, zuzüglich der nach diesem Zeitpunkt zurückgelegten Dienstzeit, der vorgesehenen regelmäßigen Vorrückungen und der allgemeinen Gehaltserhöhungen.
Warum nur lese ich dies nicht in einer der vielen Gazetten, die sich mit der Staatsoper und Kulturpolitik gemeinhin auseinandersetzen. Wenn schon Aufschrei, dann bitte richtig und laut und in die richtige Richtung gerichtet (endlich auch mal ein Brecht-Zitat von mir)
In Zeiten, in denen finanzielle Mittel nicht in ausreichendem Umfang zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes bereit gestellt werden, verbieten sich erst recht Experimente und finanzielle Abenteuer. Man stelle sich nur einmal vor, die Staatsoper hätte keine 99,xx Prozent Auslastung, hätte damit nicht diese riesigen Einnahmen (etwa 5 mal mehr als das Burgtheater). Dann wäre von einem Tag zum anderen nichts mehr so, wie es ist. Die Metropolitan Opera NY hat ein Jahresbudget von über 240 Millionen Euro und spielt etwa die Hälfte des Repertoires der Wiener Staatsoper.
Dazu spielt die Staatsoper ein Viertel mehr an Vorstellungen als die MET. Die Staatsoper spielt auch 10 Wochen länger als die Met im Jahr. Und alles mit 60% weniger Budget. Das habe ich noch nirgendwo gelesen.
Es gab in den vergangenen Jahren immer wieder Prüfungen durch unabhängige Institutionen. Die waren so unabhängig, daß sie nicht einmal gewußt haben, was in einem Opernhaus so passiert. Das die Beurlaubung von Kompetenz dann auch noch mit Steuergeld belohnt wurde und den Verantwortlichen in der Politik als kompetente Grundlage für ihre Entscheidung diente, ist ein Grund zur Kondolenz bei der Zu-Grabe-Tragung abendländischer Kulturhoheit.

Irgendwann habe ich auch gelesen, dass die Wiener Staatsoper noch nie Oper des Jahres geworden wäre im deutschen Magazin OPERNWELT. Ja um Gottes willen, Rolls Royce war auch nie Auto des Jahres beim ADAC.


Jetzt zum Artikel:
Staatsopern-Chef Meyer: "Ich bin Direktor, ich bin verantwortlich"
Dominique Meyer über Budgetnot, ängstliche Regisseure, Gerard Mortier und Georg Springer
STANDARD: Wie geht es weiter?
Meyer: Man hat die Basisabgeltung seit der Ausgliederung 1999 nur minimal erhöht, handelt aber mit den Gewerkschaften jedes Jahr die Lohnerhöhungen aus. Wir bekommen die Rechnung für die Gehaltserhöhungen unserer Mitarbeiter, die jenen im öffentlichen Dienst angepasst werden, aber nicht das Geld dafür. Das geht nur eine gewisse Zeit, 80 Prozent der Ausgaben betreffen Gehälter. Eine Produktion weniger zu machen, bringt praktisch nichts. Auch Nulllohnrunden lösen das Problem nicht. Die Regierung steht vor einer gewaltigen Aufgabe.
STANDARD: Wann wäre Ihre Schmerzgrenze erreicht?
Meyer: Wenn man mich zwingt, ein Budget zu erstellen, das offensichtlich zur Katastrophe führt. Ich war noch nie für ein Minus verantwortlich, das wäre für mich eine Beleidigung. Natürlich besteht unsere Arbeit nicht darin, ein Plus zu erwirtschaften. Unsere Arbeit besteht darin, das Steuergeld sinnvoll und sparsam einzusetzen. Ohne Basiserhöhung wird das nicht machbar sein. Ich lasse mich auch nicht zwingen, aus einer Ausnahmesituation die Regel zu machen. Mit einer Auslastung von über 99 Prozent fix zu rechnen, wäre Wahnsinn. Ich wäre verrückt, ein Budget auf dieser Basis zu erstellen.
STANDARD: Zukunft der Holding?
Meyer: Mir ist sehr wichtig, dass wir gefragt werden, wie das weitergeht; wir wollen eingebunden sein, nicht nur, da wir die Staatsoper verteidigen müssen: Wir haben in diesem Beruf auch viel Erfahrung. Übrigens: Holdingchef Georg Springer, der sechs Monate vor der Pensionierung zurücktrat, wurde in letzter Zeit von mehreren Seiten schlecht behandelt. Ich finde es nicht richtig, dass man auf einen Menschen schießt, der schon am Boden liegt.
STANDARD: Fehlt Ihnen Ihr größter Kritiker, Gerard Mortier?
Meyer: Ich mochte ihn. Wir hätten bei einer Produktion kooperieren sollen, aber ich habe das platzen lassen, da nicht klar war, wie sich das bühnentechnisch an der Staatsoper hätte ausgehen sollen. Es war wahrscheinlich dumm von mir. Er wurde wütend auf mich und blieb es. Ich habe ihn wirklich bewundert. Als ich jung war, habe ich wiederholt seine Vorstellungen in Brüssel besucht. Ich erzähle das als Zeichen der Bewunderung.
STANDARD: Mortier wäre als Staatsoperndirektor wohl etwas mutiger als Sie, was Regie anbelangt. Obwohl Sie mutig sind, allein dadurch, dass sie diesen Job machen.
Meyer: Konwitschny und Christof Loy hatten wir, es gab Auseinandersetzungen. Was ist mutig?
STANDARD: Vielleicht etwas Kontroverses produzieren, das zeigt, wie von der Staatsoper ästhetisch Zukunftsweisendes ausgehen kann.
Meyer: Ich finde diese Diskussion oberflächlich. Wenn man eine Premiere macht, wird man sowieso kritisiert. Letztendlich ist das Geschmackssache.
(mehr dazu: http://derstandard.at/2000005074991/Dominique-Meyer-Ich-bin-Direktor-ich-bin-verantwortlich)

 
 
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü